Bereits in der ersten Einstellung kann man erkennen, was für ein genialer Regisseur Alfonso Cuarón ist, der durch die Filme Harry Potter und der Gefangene von Askaban (2004) und dem mehrfach oscarprämierten Film Gravity (2013) berühmt geworden ist. In Roma fängt die Kamera einen Steinboden, Wasser und Spiegelbilder ein und eröffnet dadurch mehrere Bildebenen und Imaginationsräume, die zum Erzählprinzip des ganzen Filmes werden. In großen 65mm Schwarzweißaufnahmen wird das Leben einer Familie mit vier Kindern aus der Sicht eines Indiohausmädchens in Mexiko im Jahre 1971 erzählt. Der erste Eindruck ist als wäre man in einem Dokumentarfilm, der kommentarlos das alltägliche Leben einer Familie abbildet in der nichts Besonderes passiert. Erst beim zweiten Nachdenken über den Film wird klar, dass ein verschwundener Vater, ein Erdbeben, eine Schwangerschaft, die für das Auto zu enge Hauseinfahrt und die Hundescheiße die Frage aufwirft, was in dieser Familie nicht stimmt? Alles an diesem Film wirkt alltäglich und doch sind die Bilder aufwendig inszeniert. Die außergewöhnliche Bildsprache, in der die Familie immer in der Totalen gefilmt ist und nur das Hausmädchen in wichtigen Momenten eine Großaufnahme erhält, schafft diese dokumentarische Distanz und erinnert an den italienischen Neorealismus. Kaum ein Film in diesem Jahr spiegelt die Widersprüchlichkeit zwischen langweiligem Alltag und Katastrophe, zwischen der Normalität und der Künstlichkeit der Bilder so virtuos wieder wie dieser Film. Ein Film über die mexikanische Identität mit amerikanischem Geld produziert. Leider wird dieser Film in Deutschland nur in einigen Sondervorstellungen im Kino zu sehen sein, da er von Netflix für sein Onlineportal produziert worden ist. Die großartigen Bildtableaus mit ihrem herausragenden Sounddesign sind für das Kino geschaffen.
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