Mike und Kate Elliot sind ein Ehepaar, das in einer Midlifekrise steckt. In seiner Verweiflung seine Ehe und seinen Job zu verlieren, besucht Mike ein Wellness-Spa, das seinen Kunden garantiert einen besseren Menschen aus ihnen zu machen. Die Kunden werden unwissentlich geklont, alle negativen Eigenschaften ausgemerzt und der alte Originalkörper wird im Wald vergraben. Der Clou dieser Serie ist, dass der Körper der alten, schlechteren Version von Mike überlebt. Der alte und der neue verbesserte Mike, die beide dieselben Erinnerungen und Gefühle haben, treffen aufeinander und kämpfen um die Ehefrau Kate. Obwohl sie dasselbe Bewusstsein haben, verhalten sich im richtigen Leben völlig unterschiedlich. Und Kate versteht am Anfang überhaupt nicht, was da vor sich geht.

Das Konzept dieser Serie ist bestechend einfach und jeder Zuschauer kann sich genau vorstellen, wie diese Geschichte verlaufen wird. Das Verdienst dieser grandiosen Serie ist, dass die Erwartungshaltungen der Zuschauer permanent unterlaufen werden und die Geschichte eine völlig andere Richtung einschlägt. Dabei werden alle dramaturgischen Mittel eingesetzt, die in den letzten Jahren das Sehverhalten der Menschen verändert haben. Sowohl die klassischen dramaturgischen Prinzipien sind erkennbar als auch die völlig neuen dramaturgischen Erzählformen.

In der klassischen Dramaturgie spricht man von der Reise des Helden, in der die Helden in eine fremde Welt eintauchen um nach Bestehen zahlreicher Abenteuer und Widerständen als veränderte und verbesserte Menschen herauszukommen. In Living With Yourself werden drei Heldengeschichten gleichzeitig erzählt, die der beiden Mikes und die von Kate. Durch die Dreierkonstellation springt einem auch das klassische dramaturgische Dreieck aus der Theatertheorie ins Auge. Im dramaturgischen Dreieck wechselt die Zuneigung des Objekts der Begierde immer wieder zwischen den Protagonisten, sodass die Geschichte unvorhersehbar wird und so ihre Spannung aufbaut. Entscheidend hierbei sind die kleinen Unterschiede zwischen den beiden Mikes, was Kate in größte emotionale Konflikte treibt. Auch die Beziehung der beiden konkurrierenden Mikes verändert sich immer wieder. Am liebsten hätten sie beide, dass der andere verschwindet und dennoch brauchen sie einander. Die Widersprüchlichkeit der Protagonisten ist nicht nur in der Persönlichkeit von allen drei Figuren angelegt, sondern auch in der physischen Existenz der beiden Mikes und dem Verhalten Kates. Der verbesserte Mike hat durchaus seine Mängel, der deprimierte Mike hat einig unerwartete Qualitäten und Kate steht vor einem unlösbaren Dilemma.

Umgesetzt werden diese dramaturgischen Herausforderungen durch neue Erzählformen, die vor 20 Jahren noch undenkbar gewesen wären. Die Geschichte wird nicht wie üblich linear erzählt, sondern in Zeitsprüngen und Zeitschleifen aus den wechselnden Perspektiven der drei Protagonisten. Die Zeitsprünge in die Vergangenheit sind nicht nur einfache Rückblenden zur Erläuterung der Hauptgeschichte, die Zeitsprünge sind zugleich Perspektivwechsel, um die Geschichte, die wir bereits kennen, aus der Sicht einer anderen Person zu erzählen. Anders ausgedrückt, jeder Perspektivwechsel ist zugleich ein Zeitsprung, wobei die zeitliche Reihenfolge keinesfalls immer eingehalten wird. Der Zuschauer muss also gleichzeitig die drei Parallelgeschichten der Protagonisten, die sich auch überschneiden, zusammensetzen und in seiner zeitlichen Kontinuität verorten. Dadurch bekommt er einen Wissensvorsprung, der zum klassischen Suspense (Spannung) führt. Die Figuren werden immer wieder mit ihren größten Ängsten konfrontiert und diese Konfrontationen kommen immer viel schneller als der Zuschauer es erwartet. Die offensichtlichste Lösung für alle Probleme umgeht die Geschichte geschickt und bietet am Ende eine Auflösung, die Liebe, Mord und Totschlag zusammenführen und die emotionalen Vorzeichen in ihr Gegenteil verkehren. Die Serie Living With Yourself begeistert aber nicht nur wegen ihrer innovativen neuen Erzählform, sondern auch durch den Anspruch der Drehbuchautoren, eine Aussage über das Leben und die Beziehungen der Personen treffen zu wollen.