Der Spielfilm Die Taschendiebin des südkoreanischen Regisseurs Park Chan-wook ist ein Erotikthriller, der davon handelt wie ein Heiratsschwindler mit einem Hausmädchen zusammen eine junge elternlose Erbin verführen will, um an ihr Geld heranzukommen. Die Erbin wird von ihrem Onkel als Vormund großgezogen und seit ihrer frühesten Kindheit dazu missbraucht vor Männern erotische Geschichten vorzulesen. Das Hausmädchen und die junge Gräfin verlieben sich ineinander und finden in ihrem sexuellen Begehren die wahre Liebe, was die Pläne des Heiratsschwindlers über den Haufen zu werfen droht. Der innere Konflikt des Hausmädchens, wie sie ihre Liebe und ihren Betrug unter einen Hut bringen soll, steht im Zentrum der Geschichte.

Der Film ist in drei Teile aufgeteilt, wobei jeder Teil aus der Perspektive eines anderen Protagonisten erzählt wird. Der erste Teil wird aus der Sicht des Hausmädchens erzählt, der zweite Teil aus der Perspektive des Heiratsschwindlers und der dritte Teil erzählt die wahre Geschichte der jungen Gräfin. Jeder Teil erzählt eine erotische Liebesgeschichte, die zugleich eine Betrugsgeschichte ist, welche für einen der Beteiligten jeweils in einer Katastrophe endet. Wie die Handlungslinien in den drei Filmteilen miteinander verwoben sind und welche Bilder der Park Chan-wook dafür findet, ist große Kinokunst. Allerdings ist die ganze Geschichte sehr handlungsorientiert und funktioniert nur, indem dem Zuschauer gewisse Handlungselemente vorenthalten werden. Hitchcocks Suspense-Definition, wo durch den Wissensvorsprung des Zuschauers Spannung erzeugt werden soll, wird bei der Taschendiebin in ihr Gegenteil gekehrt. Die Wissensdefizite sind gewissermaßen die Kröte, die man als Zuschauer schlucken muss, um die Überraschungen und Wendungen des Films akzeptieren zu können. Dadurch entsteht aber im Kopf des Zuschauers im Rückblick eine vierte, die wahre Geschichte des Liebespaares. Auch wenn dem Film eine zusätzliche thematische Ebene fehlt, die Einbeziehung des Zuschauers in die Gestaltung der Geschichte macht die Taschendiebin zum großen Erzählkino.