Die einzelnen Staffeln von American Horror Story sind abgeschlossene Miniserien, die inhaltlich nichts miteinander zu tun haben. Das verbindende Element sind verschiedene Schauspieler, allen voran Jessica Lange, die in unterschiedlichen Rollen in den einzelnen Staffeln auftauchen.

Staffel 1

In der ersten Staffel geht es um ein Ehepaar, das ein Haus bezieht, welches von Geistern heimgesucht ist. Die Geister treten in Erscheinung und es ist häufig nicht klar, ob sie real oder eine Halluzination sind. Das Verhältnis zwischen Horror, Gewalt und Sexualität ist sehr ruhig und stilisiert inszeniert. Die Reaktionen der Protagonisten sind nicht immer ganz nachzuvollziehen und unterliegen häufig einer gewollt künstlichen Erzählkonstruktion.

Staffel 2

Die zweite Staffel American Horror Story Asylum spielt in einer Irrenanstalt in der eine strenge Nonne das Sagen hat. Alle Personen, die ihr in die Quere kommen, werden der Sündhaftigkeit bezichtigt und als psychisch krank einstuft. Vollkommen willkürlich werden die Personen, die außerhalb der Norm liegen, durch Gewalt und Erpressung in die Anstalt eingewiesen. Ein ehemaliger Naziarzt macht Menschenversuche, eine Nonne möchte die Leitung erringen, die Patienten sind zum Teil total durchgeknallt, zum Teil völlig normal, aber wehe sie glauben nicht an Gott, sind homosexuell, nymphoman, gewalttätig, haben übersinnliche Kräfte oder eine Begegnung mit Außerirdischen hinter sich, dann Gnade ihnen Gott. In der Anstalt werden alle möglichen Formen von Gewalt und übersinnliche Erscheinungen zelebriert ohne dass irgendein bestimmtes Thema sichtbar wäre. Die Figuren und Insassen der Anstalt sind zwar widersprüchlich angelegt, aber außer dem Ziel aus der Anstalt auszubrechen gibt es keine richtunggebende, folgenübergreifende Handlung. Die einzelnen Episoden wirken dadurch zusammenhangslos und willkürlich. Wenn die Serie nicht so phantastisch aufwendig gemacht und die Leistungen der Schauspieler nicht so beeindruckend wäre, könnte man die Serie getrost vergessen.

Staffel 3

Die dritte Staffel American Horror Story Coven handelt von einem Hexenzirkel in New Orleans, der sich mit Hexenjäger, Zombies, einer 150 Jahre alten Rassistin, einem Serienmörder und einer rachelustigen Voodoozauberin herumschlagen muss. Die Supreme Fiona, gespielt von Jessica Lange, leitet den Hexenzirkel und sucht einen Weg unsterblich zu werden, da sie an Krebs erkrankt ist. Innerhalb des Hexenzirkels tobt ein Machtkampf, wer die neue Supreme werden soll. Es gibt auch in dieser Staffel keine zielgerichtete Handlung. Die einzelnen Episoden sind mehr eine Reflexion über Gewalt, Tod, Macht und den Wunsch unsterblich zu sein. Aber Tode zum Leben zu erwecken oder unsterblich zu werden hat natürlich auch seinen Preis. Wie das erzählt und von Jessica Lange gespielt wird, muss man gesehen haben. Hier werden Erzählkonventionen und Filmdramaturgie aufgelöst, die Inszenierung ist aufwendig und fragmentarisch. Die Welt der Hexen wirkt vollkommen surreal und doch werden in jeder Einstellung die Machtverhältnisse der Protagonisten untereinander sichtbar. Selten hat man bisher gesehen, wie eine Serie sich über ihr Thema definiert und nicht über die Handlung und ihre Figuren. Passt der Zuschauer einen Moment nicht auf, kann es passieren, dass er den Faden verliert. Bleibt er bei der Stange, erlebt er ein völlig untypisches Wunderwerk des seriellen Erzählens. Und Jessica Lange wird einem mehr als einmal einen kalten Schauer den Rücken hinunterjagen.

Staffel 4

Die vierte Staffel American Horror Story spielt 1952 in einer der letzten Freakshows, wo die körperlichen Anomalien der Protagonisten vorgeführt werden. Im Zentrum der Geschichte stehen siamesische Zwillinge, die die Freakshow vor dem finanziellen Ruin retten sollen. Obwohl ein als Clown verkleideter Serienkiller einen schwachen erzählerischen Rahmen für die folgenübergreifende Geschichte bietet, erzählt die Staffel fragmentarisch von der Vergangenheit und dem Schicksal der Freaks. Die Freaks werden als erstes verdächtigt, etwas mit den Morden zu tun zu haben. Thematisch geht es unterschwellig um die gesellschaftliche Diskriminierung der Freaks. Allerdings sind die Figuren so eindimensional und langweilig angelegt, dass die Gewaltexzesse im Verlauf der Staffeln wie eine Erlösung wirken. Was in anderen Staffeln bereits gelungen ist, funktioniert hier überhaupt nicht. Die Figuren entwickeln untereinander praktisch keine Beziehungen, die eine Handlung generieren könnten. Selbst die siamesischen Zwillinge, die sich auf den Tod nicht ausstehen können und bis aufs Blut streiten, vermögen es nicht irgendeine Form von Dramatik zu entwickeln oder Interesse beim Zuschauer zu wecken.

Staffel 5

Die fünfte Staffel von American Horror Story spielt in einem Hotel, in dem hinter jeder Tür das Böse lauert. Als Handlungsgerüst dienen die Ermittlungen eines Polizisten, der auf der Jagd nach einem Serienkiller ist. Alle Spuren führen in das Hotel Cortez, in dem Vampire ihr Unwesen treiben und die Geister der Toten in einer Parallelwelt gefangen sind. Im Zentrum des Geschehens spielt Lady Gaga einen Vampir, die ihre Opfer nicht beißt, sondern schlitzt. Sie ist die Countess, die Wandlerin zwischen den Unsterblichen, den Menschen und den toten Geistern. Ihr Ziel ist es, den aktuellen Besitzer des Hotels in eine Hochzeit mit ihr zu locken und nach dessen Ermordung die absolute Gewalt über das Hotel in der realen Welt und dem Totenreich zu erlangen.

Die Erzählweise ist fragmentarisch und der chronologische Handlungsverlauf ist vollkommen aufgelöst. Die Handlungslinien machen immer wieder Zeitsprünge in die Vergangenheit, wobei diese Zeitsprünge keine herkömmlichen Erinnerungsrückblenden sind, sondern eine thematische Verknüpfung mit der Vergangenheit. Es wird erzählt, wie die Countesse in der Gegenwart von 2015 ein weiteres männliches Opfer verführt, es schlitzt und verwandelt, gleichzeitig wird erzählt wie das Hotel 1925 erbaut wurde, wie sie sich zum ersten Mal verliebt und wie sie nach dem Verlust dieser Liebe den sadistischen Hotelerbauer geheiratet und ermordet hat. Als Zuschauer muss man sich selber aus den verschiedenen Handlungsfetzen und Zeitebenen den tatsächlichen chronologischen Verlauf zusammenstellen. Manche Handlungslinien sind aber vielleicht nur Halluzinationen der Protagonisten oder Erzählungen Dritter.

Auch die Geschichte des Polizisten springt durch alle Zeitebenen vor und zurück. Vor Jahren ist der Sohn des Polizisten auf einem Jahrmarkt verschwunden und seine Ehe in die Brüche gegangen. Seine Polizeiarbeit und die Suche nach dem Sohn auch noch nach Jahren, die Morde des Serienkillers, die Ermittlungsarbeit des Polizisten, seine Suspendierung, seine Wahrnehmungen, Einbildungen und Erlebnisse im Hotel werden in ihrer zeitlichen Reihenfolge durcheinander, scheinbar willkürlich aneinandergereiht. In den besten Momenten der Serie entsprechen diese Sequenzen in ihrer Inszenierung der Bilder einem Gedankenstrom des Protagonisten. Diese Aneinanderreihung der Handlungsfetzen und Zeitebenen sind wie in Bilder geformte Assoziationen. Die gedanklichen Sprünge im Kopf eines Menschen in eine serielle Erzählung zu übertragen, entwickelt eine unwiderstehliche Intensität, da sie die widersprüchlichen Gefühlszustände in verschiedenen Lebensphasen der Protagonisten aufzeigen. Ein solches Erzählkonzept hat man in einer Serie so vorher noch nie gesehen. Die Zeitsprünge heben nicht nur die linearen Ereignisse im Hotel auf, sondern auch die drei Erzählebenen in der Welt der Toten, der Halbtoten (Vampire) und der Menschen in der realen Gegenwart. Die Auftritte von Lady Gaga als Femme fatale in ihren verschiedenen Outfits und unterschiedlichen Gefühlslagen, die mit dem Nimbus eines unnahbarem Popstar spielen, sind sensationell gestaltet. Die 5. Staffel von American Horror Story – Hotel ist ein Höhepunkt des seriellen Erzählens – wenn man spritzendes Blut, sadistische Brutalität und grausamste Metzeleien ertragen kann.